ERSTE ÜBUNGSWOCHE

Hinführung:

Gestern hatten wir den Querbalken des Kreuzes als Vergangenheits- und Zukunftsbalken gedeutet. Heute möchte ich ihn noch einmal anschauen in seiner Polarität zwischen dem Guten und dem Bösen.

Kinder, aber nicht nur sie, brauchen klare Unterscheidungshilfen. Um zu wissen, wie sie sich zu "orientieren" haben, müssen sie die Himmelsrichtungen kennen - auch im übertragenen Sinne. Die Schwarz-Weiß-Malerei unserer Märchen, die klare Unterscheidung zwischen den Guten und den Bösen, ist für Kinder ein klarer Wegweiser für ihren Lebensweg.

Gewiß kommen später dann die Fragen, ob denn das, was ich für gut oder schlecht angesehen habe, dem wirklich entspricht. Welches erwachsene Kind steht nicht eines Tages vor der Frage, ob manches von dem, was die Eltern ihm in "bester" Absicht mitgegeben haben, doch gerade eine negative Wirkung für sein Leben gehabt hat. Reife Menschen wissen darum, daß es in unserer Welt das reine Gute ebensowenig gibt wie das schlechthin und absolut Böse (wenn auch manches Geschehen nahe an diese Grenze zu stoßen scheint!) Und gewiß ist das der Zustand unserer Welt, in die Gott uns hineingestellt hat und in der wir leben.

Und trotzdem müssen wir uns nicht nur auf Wanderwegen "orintieren", sondern auch in unserem sittlichen Leben: Wenn Gott allein der schlechthin "Gute" in sich ist - und der Widersacher Gottes das Böse ohne Vermischung in sich darstellt, dann ist es um so wichtiger für uns in unserer Welt, in der Gutes und Böses vermischt sind, uns eine Fähigkeit der Unterscheidung anzueignen. Wie dringend suchen wir nach reifen Menschen, gerade in der Politik, welche dieses Unterscheidungsvermögen haben - solche Menschen sind heute mehr denn je entscheidend wichtig, wenn die Menschheit überhaupt Überlebenschancen haben soll... Es lohnt sich also, unser Radkreuz auch noch einmal in dieser Sicht zu meditieren...

Symbolmeditation:

Ich sehe eine Wegkreuzung vor mir und meditiere sie als Symbol für viele Lebenssituationen...

Meditative Übung:

Ich lege mein Radkreuz mit seinen Querbalken in der Vorstellung auf eine vergangene Entscheidungssituation meines Lebens... Erkenne ich, welcher Balken, welcher Weg zum Guten hin führte und welcher Balken, welcher Weg davon weggeführt hätte?...

Vielleicht ergibt sich daraus ein Hinweis, wie ich mich in einer augenblicklichen oder noch vor mir liegenden Entscheidung "orientieren" sollte?... (Bitte nichts erzwingen wollen - Entscheidungen wollen wachsen und reifen...)

Unterscheidung der Geister:

Ich erinnere mich an die Regel zur Unterscheidung der Geister bei Ignatius: Bei allem, was uns zu mehr Glauben, zu mehr Hoffnung und zu mehr Liebe anregt, darf ich den "guten Geist" vermuten, bei allem, was diese Kräfte schwächt, muß ich sehr wachsam sein, wer oder was da die Hand mit im Spiele hat!