Jesus erzählt folgendes Gleichnis:
"Das Himmelreich ist gleich einem verborgenen Schatz im Acker, den ein Mensch fand - und verbarg ihn - und ging voller Freude hin und verkaufte, was er besaß
und kaufte jenen Acker."

Ich schaue auf die Bilder des Gleichnisses und stelle mir so lebendig als möglich vor, was uns in diesem Gleichnis so anschaulich vor Augen gestellt wird:

Wir schließen eine kurze Zeit unsere Augen und versuchen, so lebendig als möglich vor uns zu sehen:

• den Mann, der den Acker bearbeitet...
• den Augenblick, wo er auf etwas Ungewöhnliches stößt...
• die Zeit, wo er mehr und mehr feststellt, daß er einen Schatz gerfunden hat...
• wie mag dieser Schatz wohl ausgesehen haben?...

Was mag wohl in ihm vorgegangen sein,

• ehe er den Schatz entdeckte?...
• als er auf etwas Ungewöhnliches stieß und dem weiter nachging...
• als er den Schatz entdeckte?...
• ehe er den Schatz wieder vergrub?...
• ehe er sich entschloß, alles zu verkaufen und den Acker zu erwerben?
• und dann??..

Gleichnisse wollen übertragen werden, sie beleuchten mein Leben, - aber sie beleuchten auch das Leben Jesu, der diese Gleichnisse aus seiner eigenen Gotteserfahrung her gestalten konnte:

Betend frage ich Dich, Herr: Wo magst Du selbst diesen Schatz entdeckt haben?

• vielleicht, als Du die Stimme aus der Wolke hörtest: "Du bist mein lieber Sohn, an Dir habe ich Wohlgefallen?" (Lk ) (und dabei merktest, daß Dein ganzes Leben nun eine andere Richtung nehmen müsse, daß Du nicht wieder in Deinen vorherigen Alltag zurückkehren könntest...)

• vielleicht, als Du auch in einem ganz vberachteten Menschen den göttlichen Funken entdecktest... (und dabei merktest, was Du aufgeben, "verkaufen" mußtest, um diesen Schatz zu heben: den Rückhalt bei den Frommen, bei den kirchlichen Autoritäten und...)

• vielleicht... (jede/r sollte hier selbst weiter auf Suche gehen)...

Wohl kaum jemand wird  diese Zeilen lesen, der nicht bereits irgendwo verborgen im Acker seines Lebens auf etwas gestoßen ist, was wie solch ein verborgener Schatz sein könnte.

Niemand nimmt sich die Zeit, einmal für einige Tage ganz in die Stille zu gehen, in dem nicht eine Hoffnung ist, dort vielleicht etwas zu finden, nach dem er sich schon lange heimlich sehnt. Das Gleichnis spricht davon, daß dieser Schatz  in der Erde des Ackers verborgen ist - nicht irgendwo auf einer fernen Insel, sondern mitten in meinem Alltagsleben kann ich auf etwas stoßen, das die Ahnung von einem verborgenen Schatz in mir aufsteigen läßt...

• vielleicht ist es die leise Wärme eine leichten Berührung, die anders ist als es im normalen Leben sonst geschieht...
• vielleicht rührt mich in, mit und unter einem besonderen Naturerlebnis etwas an, das tiefer geht als vieles andere...
• vielleicht entdecke auch ich in einem anderen Menschen verborgen einen Wert, der verschüttet ist

(eine Ordensschwester berichtet, daß sie in einer Fernsehsendung das Interview mit einem jungen Strafgefangenen gesehen habe, das sie zutiefst erschütterte. Sie schrieb ihm in einem Brief: "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß Sie so schlecht sind, wie Sie sich selbst dargestellt haben!" Der junge Mann antwortete: "Sie sind der erste Mensch in meinem Leben, der an mich glaubt". Die Beziehung entwickelte sich zu einer Nähe, die zur Freundschaft wurde."

Viele Christen in der evangelischen wie in der katholischen Kirche sind aufgewachsen mit einer falschen Opferideologie, die sich oft ganz tief festgesetzt hat. Sie lautet etwa:"wenn du Christ sein willst, dann darfst du nicht..." oder: "man soll als Christ immer den schwereren Weg gehen" oder: "Gott will, daß wir Opfer bringen"... und ähnliches.

Wenn wir uns unserem Gleichnis aussetzen, dan wird da etwas gerade gerückt, was - jedenfalls von diesem Gleichnis her - oft auf den Kopf gestellt ist: Der Mann findet zuerst den Schatz - und dann geht er hin "voll Freude". Und diese Freude ermöglicht es ihm, alles zu verkaufen, was ihm ermöglicht, diesen Schatz im Acker zu erwerben.

Und jetzt fantasiere ich die Bilder des Gleichnisses noch ein wenig weiter: Mag er dann bei Ausgraben vielleicht auf einen großen Stein gestoßen sein, der ihm das Weitergraben erschwerte? Vielleicht hat es ihm Mühe gemacht, diesen Stein wegzuheben - aber wird nicht auch darüber seine Freude geleuchtet haben? Hören wir genau hin auf diese Worte "voll Freude"!

In stillen Tagen, wenn wir einmal Zeit für uns selbst haben, steigen immer wieder Fragen in uns auf, ob wir nicht das eine oder das andere in unserem Leben ändern sollten.

Für Entscheidungen auf unserem geistlichen Weg, wo wir wünschen, im Einklang mit dem Willen Gottes als Christen eine solche zu fällen, ist es wichtig, auf unsere innere Befindlichkeit zu achten. Denn jede Entscheidung beinhaltet ja immer, daß ich auf etwas anderes verzichten, etwas anderes loslassen muß. Das kann schmerzhaft sein. Doch sollten wir gerade von diesem Gleichnis Jesu her wissen:

• - Wo wir nach einer Entscheidung innerlich Freude und Frieden spüren, dürfen wir getrost darauf hoffen, daß es eine gute Entscheidung war. Das gilt besonders bei Entscheidungen auf unserem geistlichen Weg.
• - Was uns dagegen in Unruhe stürzt, in Verwirrung zurückläßt, - wo wir das Gefühl haben, mehr und mehr den Boden unter unseren Füßen zu verlieren (wie das Sprichwort so schön sagt), sollten wir sehr mißtrauisch sein und die Entscheidung - wo es möglich ist - noch einmal überprüfen.

Unsere geistlichen Väter sprachen dabei von der "Unterscheiung der Geister".Sie ist für jeden wichtig, der versucht, einen inneren, einen spirituellen Weg für sich zu finden. Und die Väter  wußten auch darum, wie wichtig ein Gespräch mit einem erfahrenen "Meister" sein kann - ebenso wichtig wie das Bitten um den Heiligen Geist, der uns von innen her führen und leiten will.

Nachbemerkung: Bitte lassen Sie beim Lesen des Gleichnisses einmal alle rechtlichen Bedenken beiseite  - das war damals anders als heute.