Vierte Übungsgruppe

Meditation geistiger Bilder: Metaphermeditation


Bisher haben wir uns führen lassen von Aufgaben und von Bildern, die uns angeboten wurden. Wir lernten daran, daß Dinge Symboltiefe haben und daß sie geistigen Wirklichkeiten entsprechen. Es gibt Dinge mit besonderer Symboltiefe, mit besonderer Symbolmächtigkeit. Man spricht von "archetypischen Symbolen" (Haus, Baum, Braut u.ä.). Bei ihnen gelingt der Überschritt in die geistige Welt verhältnismäßig leicht und ist besonders fruchtbar. Je mehr man die Symbolmeditation an solchen Symbolen übt (immer versucht man bei der Meditation, vom Leichten zum Schweren vorzudringen, von außen nach innen, von der Oberfläche zur Tiefe), desto symbolfähiger wird man, desto müheloser gelingt der Überschritt, desto mehr Dinge entdeckt man, die sich symbolisch erschließen lassen. "Jedes Ding kann man doppelt betrachten: als Faktum und als Geheimnis" (H. U. v. Balthasar).



1. Übung

Wir meditieren ein Symbol, das wir uns selbst wählen ...

(ca. 10 Minuten Stille ...)

Ergebnis:

So kann man den Raum, in dem man lebt, "lebendig" werden lassen. Jeder Raum ist voller Ding-Symbole. Werden sie meditiert, fangen sie an, mit mir zu sprechen. Wir werden später sehen, daß man ebenso alltägliche Handlungen meditieren kann. So kann der "graue Alltag" plötzlich eine innere Leuchtkraft bekommen, wie eine Landschaft, auf die der Glanz der Morgensonne fällt.


Hinführung zur Metaphermeditation

Jetzt wollen wir einen Schritt weitergehen - einen entscheidenden Schritt. Bis jetzt haben wir die Symbole auf ihre geistige Wirklichkeit hin befragt. Jetzt wollen wir den ganzen Vorgang umkehren: Wir wollen für eine geistige Sache ein Bild suchen. "Bild" ist hier im weitesten Sinn gemeint: etwas, das man mit den Sinnen erfassen kann. Also etwas, das man sehen oder hören, fühlen, schmecken oder riechen kann. Aber es muß - in diesem weiten Sinne - ein "Bild" sein. Eine Umschreibung oder Erklärung genügt nicht. Solch ein "Bild" nennt man Metapher.

Ein Beispiel: Eine alte Frau begegnet einer anderen, die im tüchtigem Zorn ist und nun alles bei ihr ablädt. Die Frau hört sich alles an, geht still weiter und berichtet einer anderen Bekannten: "Das hätten Sie hören sollen - da ging ein Hagelwetter auf mich nieder!" Solche Metaphern finden wir immer wieder beim Sprechen, und sie machen das Gemeinte "anschaulich" ohne viel Worte.


2. Übung

Wir werden wieder still ... und warten, daß sich ein "Bild" (in dem oben genannten Sinne) einstellt, wenn ich sage: Ein gutes Wort eines Mitmenschen ist für mich wie ...

(ca. 3 Minuten Stille)

Es kann sein, daß sich bei solch einer Aufgabe mehrere Bilder zur Auswahl anbieten. Da muß man sich nach kurzer Zeit für eins entscheiden. Solch ein Bild braucht nie das Ganze auszudrücken, sondern es beleuchtet eine Seite.

Diese Übung ist deshalb für uns so wichtig, weil man entscheidende Wirklichkeiten unseres Glaubens überhaupt nur in Bildern aussagen kann. Die anschließende Metapher-Meditation wurde im Kurs zu einem gemeinsamen Gebet.


3. Übung

Gott ist für mich wie ...

(ca. 5 Minuten Stille ...)

Abschluß der Metaphermeditation:

Nach Abschluß der Meditation bleiben wir in der Meditationshaltung. Einer nach dem anderen nennt sein Bild, das er gefunden hat. Nach jedem Bild lassen wir eine kurze Pause, damit es jeder Teilnehmer in sich schauen kann - und schließen uns zusammen in dem Gebet: Herr, wir beten Dich an! Dann folgt das nächste Bild.

Ergebnis:

  • Wir haben erlebt, daß jeder ein anderes Bild geschaut hat. Wenn er das Bild nennt, sagt er etwas aus von seinem Inneren. Aber es geschieht auf eine Weise, die den Raum der inneren Keuschheit nicht verletzt. Bei einer solchen Übung kann man wahrhaft beglückend erfahren, was Gemeinde, was Kirche ist! 

  • Jeder hat gespürt, daß diese Aufgabe ihn dazu veranlaßte, mehr Klarheit darüber zu bekommen, wo Gott für ihn im Leben steht und was er ihm bedeutet. Nur aus solcher Klarheit kann man ein Bild schauen.

  •  
  • Wir können selbst auf diese Weise manche verworrenen Situationen unseres Lebens klarer in den Blick bekommen, wenn wir versuchen, sie im Bild zu schauen.
  • Beispiele:

  • Meine Zukunft ist für mich wie ...
  • Der Mensch, der mir zu schaffen macht, ist für mich wie ... u.a.


  • Weitere Übungsaufgaben:

  • Ding-Symbole meines Zimmers suchen und meditieren...
  • Metaphern suchen, die die Bibel für Gott gebraucht...
  • Was bringen die Psalmen für Bilder?...
  • Wie spricht Jesus von Gott?)...
  • Eine Metapher suchen für: Glauben ist für mich wie ...

  • Gefundene Metaphern (Material zur vierten Übungsgruppe):

    Gott ist für mich wie

  • ein Dach, unter dem ich geborgen bin;
  • eine sprudelnde Quelle;
  • ein weißes, dünnes Tuch, das sich über alles breitet;
  • ein Vater, dem ich alles bringen darf;
  • ein Freund, dem ich mich restlos anvertrauen kann:
  • ein Schimmer Licht, den ich in meiner Dunkelheit noch erkenne (Bild einer Blinden);
  • die Erde, die mich trägt - die Luft, die mich umgibt - das Wasser, das mich erquickt - das Feuer, das mich durchglüht.
  • Glauben ist für mich wie

  • ein Anker;
  • ein Rettungsring am Seil. Er trägt und hält über Wasser, obwohl man im Wasser bleibt. Durch das Seil wird man nicht abgetrieben und schließlich ans Ufer gezogen, wo man den Retter schauen kann;
  • ein schmaler Pfad am Felshang;
  • ein Weg im Dunkel, geführt von unsichtbarer Hand (Abraham);
  • ein Fluß, der nach der Quelle versickert und unterirdisch weiterfließt, bis er wieder ans Licht kommt (Joseph);
  • eine Rundfunkstation, mit Ohr auf Empfang, mit Mund auf Sendung eingestellt (Paulus);
  • eine Blume, offen für die Strahlen der Sonne, auch wenn diese manchmal brennen (Maria);
  • eine Kerze, die still und geduldig leuchtet und erlischt, wenn sie ihr Ziel erreicht hat (Simeon);
  • eine Winde, die sich um die Zweige eines Strauches herumrankt (Syrophönizierin).
  • (Die beiden ersten Bilder stammen von schwerbehinderten Menschen, die den Brief beantworteten.)
     



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